Walther Schweers, Kommandant des Unterseebootes U-20, schaute durch das Seerohr und maß die Distanz zu dem Passagierdampfer, der erst vor wenigen Minuten beigedreht war und nun genau auf sie zulief. »Jetzt hab ich dich. Rohr eins los.«
»Käpt’n, das ist ein ziviles Passagierschiff. Ich kann kein
Schiff mit Frauen und Kindern an Bord angreifen!«
»Verdammt, los, Vögele!«
Karl Vögele stand wie erstarrt und leitete den Befehl nicht an den Torpedoraum weiter.
Nach kurzem Zögern stieß Schweers den Mann beiseite und brüllte den Befehl selbst ins Rohr.
»Torpedo läuft.«
Oberleutnant Scheffler nahm die Stoppuhr und begann zu zählen. Eins, zwei, drei Sekunden …«
»Das wird Konsequenzen haben, Mann«, herrschte Schweers Vögele an und trat wieder an das Periskop.
Als Scheffler bei neununddreißig angekommen war, sah er den Torpedo kurz hinter der Brücke detonieren. Ein leichtes Zittern ging durch das Boot.
»Treffer!«
Die Mannschaft brach in Jubel aus. Einige warfen ihre Mützen in die Luft und stimmten Hurragesang an. Währenddessen erfolgte eine zweite, viel heftigere Detonation. Schweers konnte gerade eben das Gleichgewicht halten, während selbst bei einer Entfernung von siebenhundert Metern zum Explosionsherd seine Männer durcheinandergewirbelt wurden, Rohrleitungen brachen und herumfliegendes Inventar nur knapp seinen Kopf verfehlte.
»Schadensmeldung!«
»Wir sind getroffen!«
»Schnauze halten! Ruhe!« Kommandant Schweers blickte erneut durch das Periskop und sah eine gewaltige Dampfwolke in den Himmel steigen.
»Verdammt, was ist da los? Ruder hart Backbord, beide Maschinen voraus, halbe Fahrt. Wir bleiben auf Seerohrtiefe. Bringen Sie mich eine halbe Meile hinter die Lusitania. Scheffler, übernehmen Sie.«
»Wollen wir die Schiffbrüchigen an Bord nehmen?«
»Nein.« Ohne einen weiteren Kommentar verschwand der Kommandant in Richtung Funkraum.